V. …Lisztomaniae…

Concerto Monumentale V

 

…Lisztomaninae…

 

Étienne de Sénancour : aus « Obermann »

„Vallée d’Obermann“ aus „Années de Pèlerinage“, Première Année: Suisse (1835/1854)

 

« La lugùbre gondola No. 1» (1883)

Unstern! – Sinistre, Disastro  (ca. 1886)

 

John Varian: “The Building of Bamba”

Henry Cowell (1897-1965): Three Irish Legends (1917-22)

The Tides of Manaunaun

The Hero Sun

The Voice of Lir

 

Carolyne de Sayn-Wittgenstein: „Les Préludes“ (nach Alphonse de Lamartine)

Franz Liszt: Les Préludes: Symphonische Dichtung No.3 (1844/1854) Bearbeitung für Klavier Solo (Stradal/Gardizi)

 

„Concerto Monumentale“ – Ein Konzert für Liszt

2011 jährte sich der 200. Geburtstag des großen Komponisten, Pianisten und Kosmopoliten Franz Liszt. Sein rascher Aufstieg in die Salons der Welt des 19. Jahrhunderts machten ihn weltberühmt. Sein für die damalige Zeit völlig neuartiges Klavierspiel ließen die Konzertflügel, wie auch sein Publikum verzücken und zugleich erschaudern. Sein lebenslanger Wille, neue Maßstäbe in der europäischen Musik des 19. Jahrhunderts, speziell aber in der Klaviertechnik zu setzen, machten ihn schon in jungen Jahren zum gefeierten „Superstar“ Europas. Dieser Umstand verhalf seiner Klaviermusik von der Exclusivität des intimen Salons immer häufiger in den großen Konzertsaal, so dass Liszt mit Fug und Recht als Erfinder des konzertanten „Klavierabends“ gilt. Hier ist es ausschließlich der Klaviersolist, der in Interaktion mit seinem Publikum tritt und es in den Bann seiner Aura und Persönlichkeit zieht. Als Gipfelpunkt dieser Entwicklung können seine Berliner Klavierabende in den 1840er Jahren angesehen werden, in welchen die Zuhörer derart in Aufruhr gerieten, dass die Fachpresse sogar von einer regelrechten „Lisztomanie“ schrieb.

Dieses Konzertprogramm soll Franz Liszt, dem großen Reformator der Klaviermusik, ein musikalisches Denkmal setzen.

Als Pionier und musikalischer Wegbereiter der „Programm-Musik“ im Zeitalter der Romantik, galt es ihm, seine eigene, menschlich widersprüchliche „Natur“, stets mit der seiner physischen Außenwelt zu konfrontieren und letztendlich in Einklang zu bringen. Diese widersprüchliche Natur erfährt in seinem Spätwerk einen bedrückenden Höhepunkt. “La lugúbre gondola” & “Unstern” sind bekenntnishafte Offenbarungen eines alternden, resignierten und zutiefst enttäuschten Genies. In ihrer rauhen, kalten, bisweilen kompromißlos verstörenden Klangwelt sind sie durchaus nicht für den großen Konzertsaal konzipiert. Liszt hat diese Spätwerke ausschließlich für sich selbst erdacht, ohne dabei publikumswirksam sein zu wollen. Es ist hierbei nur symptomatisch, daß sein spätes Genie dadurch den Weg zu neuen Klangwelten ebnete, den die Dodekaphonie des frühen 20. Jahrhunderts zu Ende ging.  Es scheint, als hätte erst sein alterndes Herz  das Tor zur ureigenen, wahrhaftigen Natürlichkeit finden und öffnen können…

Der amerikanische Komponist Henry Cowell reiht sich ebenso in die Riege der Pioniere der Klaviermusik mit ein. Wie Franz Liszt im Europa des 19. Jahrhunderts, gilt er als einer der größten Pioniere der musikalischen Avantgarde Nordamerikas am Beginn des 20. Jahrhunderts. Mit seinem Triptychon der „Three Irish Legends“ beschwört er die alte keltische Mythologie seiner irischen Ahnen und ihren eigentümlichen Gesängen auf dunkle und magische Art und Weise herauf. Dabei experimentiert er – erstmalig in der Klaviermusik – mit nicht eindeutig fixierten, geräuschhaften Klangflächen, und entlockt dem Klavier dadurch bis dato völlig neue und unerhörte Klangräume.

In diesem Konzert wird das lebenslange Bestreben beider Komponisten, ihre facettenreiche Persönlichkeit über den Klavierklang zu übermitteln  kaleidoskopartig beleuchtet und „monumental“ gewürdigt.

Text: Nageeb Gardizi